Interview mit Frank Nüsse, seit Januar 2014 Geschäftsführer der BRÜCKE

Frank Nüsse ist seit Januar 2014 neuer Geschäftsführer der BRÜCKE und vertritt die gemeinnützige GmbH nach dem Ausscheiden des Gründungsgeschäftsführers Dirk Wäcken ab Mai 2014 allein
Frank Nüsse ist seit Januar 2014 neuer Geschäftsführer der BRÜCKE und vertritt die gemeinnützige GmbH nach dem Ausscheiden des Gründungsgeschäftsführers Dirk Wäcken ab Mai 2014 allein

Heute ist der Inklusionsgedanke in aller Munde und die BRÜCKE hat für Lübeck und darüber hinaus einen entscheidenden Anteil an der praktischen Umsetzung für psychisch erkrankte Menschen auf vielen Ebenen der gesundheitlichen Versorgung und des Gemeinwesens. Dabei reichen die Wurzeln der BRÜCKE bis zu den Anfängen der Psychiatriereform, die vor rund 40 Jahren in Deutschland ihren Anfang nahm.

 

Welche Bedeutung hat diese traditionsreiche Geschichte der BRÜCKE für die Geschäftsführung eines mittlerweile über 300 Mitarbeiter zählenden Betriebes?

Ich habe das Glück, bereits fast 14 Jahre als Mitarbeiter in der Geschäftsführung die Entwicklung der BRÜCKE Lübeck miterlebt zu haben. In dieser Zeit konnte ich die Gründer und viele langjährig tätige Fachkräfte in vielen Bereichen und Arbeitsgebieten begleiten.

Dabei wurde mir klar: DIE BRÜCKE steht für die direkte und alltagspraktische Hilfe für Menschen, die aufgrund Ihrer psychischen Probleme nicht komplett eigenständig die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der Hansestadt Lübeck erreichen.

Dafür muss man die tatsächlichen Bedarfe der Menschen kennen, und genau dort unterstützen, wo es fördernd ist, ohne deren eigene Ressourcen zurückzudrängen. Darauf richten wir unsere Angebote immer wieder aus.

Das bedeutet natürlich, Mut zur Veränderung zu haben und innovativ zu sein. So kommen wir immer wieder auf neue Ideen, wie wir eine Beratung, Begleitung, Betreuung oder Behandlung so verändern können, dass Sie bestmöglich funktioniert und gleichzeitig die Selbstbestimmung des Einzelnen möglichst wenig einschränkt.

Innovationen lohnen sich – für den Menschen, der die neue passgenaue Hilfe erfahren kann, wie auch für uns Mitarbeiter der BRÜCKE, da alle positiven Veränderungen unsere Arbeit vielseitig machen und dadurch die Motivation steigern, um diese Hilfen in angemessener Weise und mit Engagement über viele Jahre zu leisten.

Es gilt also, die gute und bewährte Tradition fortzusetzen, die BRÜCKE inhaltlich flexibel und innovativ zu führen.

 

Wie würden Sie den Status und die Position der BRÜCKE in Lübeck zum jetzigen Zeitpunkt, also im Jahr 2014, beschreiben?

Viele gute Hilfeangebote sind fachlich inhaltlich ausgefeilt und gut etabliert. Wir müssen aber immer wieder neu die Fragen stellen:

  • Was benötigen die psychisch erkrankten Menschen?
  • Was erwartet die Gesellschaft?
  • Was fordert die Politik?
  • Wie erwarten Leistungsträger die Umsetzung von Hilfeangeboten?

Wegen dieser Anforderungen von Außen ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, dass die BRÜCKE sich nicht von ihrem Weg abbringen lässt, ihre Angebote stets in bestmöglicher Qualität, d.h. mit entsprechender Fachlichkeit und gutem Konzept anzubieten; soll heißen: Wir unterstützen gerne die fachliche Weiterentwicklung von Angeboten, beteiligen uns aber nicht an Aktivitäten, die zu einer Verschlechterung der Bedingungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen führen.

Die BRÜCKE ist und bleibt innovativ. Wir sind vielseitig in unseren Angeboten und somit stets in der Lage, passgenaue und individuelle Hilfe anzubieten.

Unsere Kernkompetenz bleibt dabei die Spezialisierung auf die Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Aber wir nehmen auch Risiken in Kauf, um Angebote aufzubauen, für die es noch keine verbindlichen Rahmenbedingungen gibt, wenn wir davon überzeugt sind. Dass die BRÜCKE dadurch entstehende wirtschaftliche Engpässe meistern kann, hat sich in der Praxis gerade bewiesen, als wir ambulante Angebote im Behandlungsbereich umstrukturieren mussten.

Ich bin somit durchweg optimistisch gestimmt, dass die zukünftigen Veränderungsbedarfe gemeistert werden, indem wir immer unser Ziel im Auge behalten, qualitativ hochwertige Arbeit wirtschaftlich anzubieten.

 

Die BRÜCKE hat in den vergangenen Jahrzehnten ihre Angebote und ihre Präsenz in Lübeck stetig ausgebaut. Sehen Sie hier weiteres Potenzial für Wachstum oder ändert sich diese Dynamik in eine andere Richtung?

Wachstum um jeden Preis ist auch zukünftig nicht unser Ziel und wir bleiben bei unserer Fokussierung auf die Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Und ich denke, dass wir für die Politik und die Leistungsträger ein guter Partner sind. Denn aufgrund unserer Flexibilität und Innovationskraft können wir helfen, die kostenbewusste Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch Kranke ohne qualitative Einbußen zu erreichen.

Daher sehen wir die Entwicklung weiter in Richtung Ambulantisierung fortschreiten.

Wir wollen aber auch verstärkt präventive Angebote entwickeln und eine frühzeitige spezialisierte und zielgerichtete Beratung etablieren.

 

Sie bewegen sich ja in einem Spannungsfeld zwischen Politik, öffentlicher Verwaltung und Kostenträgern. Welche Perspektiven ergeben sich daraus für diesen Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens?

Es gilt immer wieder zu betonen, dass DIE BRÜCKE als Leistungsanbieter zu allererst im Blick hat, qualitativ hochwertige Hilfeangebote anzubieten.

Der Politik und den Leistungsträgern muss dabei deutlich gemacht werden, dass wir einerseits Lösungen für die Menschen anbieten, die diese Hilfe dringend benötigen. Dabei bieten wir Lösungen für die Institutionen an, die diese Leistungen aufgrund von Sozialgesetzen sicherstellen müssen, um Menschen mit psychischen Erkrankungen bei der Teilhabe zu unterstützen.

Die BRÜCKE muss in der Gesellschaft und auch bei Politik, Verwaltung und Leistungsträgern als profilierter Lösungsanbieter und nicht als Kostenfaktor gesehen werden.

Denn auch bezüglich der Ziele dieser Institutionen hinsichtlich Kosteneinsparungen können wir als BRÜCKE bei einer innovativen Umgestaltung der derzeitigen Hilfelandschaft hin zu vorrangig ambulanten und auf individuelle Bedarfe ausgerichteten Angeboten ein kompetenter und verlässlicher Partner sein, ohne Qualitätseinbußen mit zu verantworten.

 

Was bedeutet das für die BRÜCKE und ihre Geschäftspolitik?

Im allgemeinen erwarte ich, dass die zukünftigen Angebote der BRÜCKE sich weiter in Richtung

  • ambulant,
  • aufsuchend
  • gemeindenah
  • präventiv

und

  • spezifisch; d.h. individuell und auf differenzierte Gesellschaftsgruppen bezogen entwickeln werden.

Und wir werden weiterhin dafür sorgen, dass auch die Hilfen für Menschen auch mit schwerer psychischer Erkrankung und damit mit umfangreichem Hilfebedarf fortbestehen. DIE BRÜCKE wird daran mitwirken, dass auch die „schwersten Fälle“ behandelt und betreut werden.

 

Welche Ziele haben Sie sich für die Zeit Ihrer Geschäftsführung gesetzt?

Zu dieser Frage kann man das oben Gesagte zusammenfassen:

  • DIE BRÜCKE als Anbieter qualitativ hochwertiger Hilfen etablieren und das auch in die Gesellschaft hinein zu kommunizieren
  • Flexibel auf veränderte Anforderungen und Rahmenbedingungen reagieren
  • Ein guter Arbeitgeber zu sein, um motivierte und zufriedene Mitarbeiter zu haben, die diese anspruchsvolle Arbeit in hoher Qualität ausführen können
  • Partnerschaftlich mit Leistungsträgern, Mitarbeitern zusammenzuarbeiten
  • Netzwerke knüpfen und viel kommunizieren, um diese Ziele erreichen zu können